Die erleichterte Einbürgerung junger Ausländer scheiterte schon mehrere Male an der Urne. 1994 erzielte eine entsprechende Verfassungsrevision zwar die Volksmehrheit, scheiterte aber an der Hürde des Ständemehrs. Auch am 12. Februar 2017 könnte das Ständemehr letztlich den Ausschlag geben – und das Stimmverhalten der bürgerlichen Wählerschaften.
Zum wiederholten Male wird am 12. Februar 2017 über die erleichterte Einbürgerung junger Ausländer abgestimmt. Heuer geht es um junge Ausländer der dritten Generation. Bereits 1983, 1994 und 2004 (zwei Vorlagen) wurde über ähnliche Einbürgerungserleichterungen abgestimmt. Alle Vorlagen scheiterten – in zwei von drei Fällen jedoch denkbar knapp. Die Einbürgerungsvorlage von 1994 erzielte gar eine (knappe) Volksmehrheit, verfehlte aber das Ständemehr. Wie knapp es dieses Mal ausgehen wird, ist vorderhand schwer zu sagen. 2004 hatte die SVP eine aufwendige und letztlich erfolgreiche Kampagne gegen beide Vorlagen geführt. Bislang hält sie sich mit einer Gegenkampagne (noch) zurück. Das Resultat von 1994 zeigt jedoch, dass selbst bei einem sehr flauen Abstimmungskampf mit eher knappen Mehrheitsverhältnissen gerechnet werden muss: Denn damals fand kein nennenswerter Abstimmungskampf statt und die nationale SVP empfahl gar eine Annahme der Vorlage. Auch in der Schlussabstimmung im Nationalrat lautete das Stimmenverhältnis deutliche 113:19, während es im Ständerat nicht einmal eine Gegenstimme gab. Trotzdem ergab sich an der Urne nur eine knappe Volksmehrheit von rund 53 Prozent der Stimmenden. Kurz, vorsorglich ist bei diesem Thema von einem eher knappen Resultat auszugehen. Knapp heisst, das Ständemehr könnte zentral werden. Denn die Erfahrung hat gezeigt, dass das Ständemehr für Einbürgerungsvorlagen schwerer zu «knacken» ist, als die Hürde des Volksmehrs. Auf welche Kantone ist dabei besonders zu achten?
Die Karte zeigt die durchschnittlichen kantonalen Abweichungen vom nationalen Ergebnis bei den letzten drei Einbürgerungsvorlagen. Wenig überraschend gehört die Romandie dem Lager der Befürworterschaft an. Selbst bei der Abstimmung über die erleichterte Einbürgerung 2. Generation (2004), als nur 43.2% der Stimmenden ein Ja einlegten, stimmte eine Mehrheit in den Kantonen FR, VD, GE und JU Ja. Gleiches gilt auch für den Stadtkanton Basel-Stadt. Die Gegenfolie dazu bilden die Inner- und Ostschweizer Kantone, die zu Einbürgerungsvorlagen umgekehrt verlässlich Nein stimmten. Spannender ist die Ausgangslage indessen in den restlichen Kantonen. Zürich und Bern liegen im Schnitt etwas über dem nationalen Ergebnis. Angesichts der Tatsache, dass die Einbürgerungsvorlage, über die am 12. Februar befunden wird, im Vergleich zu jenen beiden, die 2004 scheiterten, inhaltlich «entschärft» wurde, dürften beide Kantone wohl zum Ja tendieren. Sollte es knapp werden, wird man vor allem auf die «Swing»-Kantone Wallis, Basel-Land, Graubünden, Zug und möglicherweise auch auf das Tessin blicken. Das Ja-Lager muss hier aber gleich alle Kantone auf seine Seite ziehen können und es braucht auch noch mindestens einen Kanton (oder zwei Halbkantone) aus der Gruppe jener, die Einbürgerungsvorlagen bislang stets abgelehnt haben. Mit anderen Worten: Selbst wenn der Ja-Stimmenanteil generell höher ausfallen sollte als bei der 1994er Abstimmung, ist das Ständemehr noch lange nicht garantiert.
Wie wählen bürgerliche Wähler?
Für die Volksmehrheit wird weiter auch das Entscheidverhalten der bürgerlichen Wählerschaften wichtig sein. Die nachfolgende Abbildung zeigt den Ja-Anteil der vier wählerstärksten Parteianhängerschaften und der Parteiungebundenen bei den letzten drei Einbürgerungsabstimmungen. Verlässliche Werte erhält man von den beiden Polparteien SVP und SP: Die einen sind dezidiert dagegen, die anderen genauso entschlossen dafür. Bemerkenswert ist dabei, dass selbst 1994, als die nationale SVP eine Ja-Parole formulierte, 80 Prozent ihrer Anhängerschaft dagegen stimmte. Die Anhängerschaften von FDP und CVP waren in der Vergangenheit gespalten: Die eine Hälfte stimmte dafür, die andere dagegen – und dies trotz Ja-Parole der nationalen Partei. Bemerkenswert ist dabei, wie konsistent das Entscheidverhalten der Anhängerschaften ist, trotz teils unterschiedlicher oder anders lautender Parteiparolen. Die Stimmbürgerschaft scheint bei gewissen Themen klare Prädispositionen zu haben, die für den Stimmentscheid wichtiger sind als die Parteilinie. Die Parteiungebundenen stimmten jeweils etwas skeptischer als die Gesamtheit aller Stimmenden. Auch sie könnten am 17. Februar das Zünglein an der Waage sein.

Thomas Milic und Thomas Willi
[1] Foto: Swiss Passport | Flickr