Ein Wahlkampf lässt einen Anstieg der Kampagnenkommunikation in den sozialen Netzwerken erwarten. Die Auswertung von Gastautorin Nicole Bosshard zeigt dies in Ruedi Nosers Fall: Facebookbeiträge gipfelten in den Wahlmonaten. Inhaltlich weichen die Facebookpostings nur marginal von jenen auf Twitter ab.
Betrachtet man Nosers Facebook-Aktivität, zeigt sich, dass er während der Wahlkampfphase fleissig Beiträge veröffentlicht hat. Diese Aktivität nimmt nach der erfolgreichen Wahl Ende November rapide ab. Er veröffentlichte durchs Jahr durchschnittlich sieben Posts pro Monat; pro Beitrag gingen durchschnittlich acht User-Kommentare ein. Im Gegenzug erweist sich der FDP-Mann als nicht sehr reaktionsfreudig: Seine Diskussionsfreude innerhalb der Kommentarspalten ist niedrig.
Die Peaks bei den Beiträgen im April, Juni, Oktober und November 2015 sind verschiedenen Wahlen zu verdanken. Im April fanden die Zürcher Kantonsratswahlen statt; im Juni der zweite Wahlgang bei den Regierungsratswahlen und im Oktober und November die Wahlen für das eidgenössische Parlament. Die Ursache des User-Peaks im Februar ist bei einer Rundschau-Sendung zu finden, welche die Community zu einigen Kommentaren anregte. Herr Noser verstand es da, sich selbst in Szene zu setzten. Der Post umfasste einen Link zum Video seines Auftrittes, wo er zum Thema Masseneinwanderungsinitiative und das Verhältnis seiner Partei zur SVP sprach.

Die Baisse im Mai gibt eine Facebook-Untätigkeit von Herr Noser wieder. Grundsätzlich konnten sachpolitische Themen kaum zu Peaks verhelfen; weder Noser selbst, noch die User gingen gross auf Abstimmungsthemen ein. Einzig die Erbschaftsteuerreform (Abstimmung 14.06.2015) konnte einige Einträge generieren.
Mit seiner Wahl zum Zürcher Ständerat setzte Ruedi Noser seiner aktiven Social-Media Phase ein Ende und kehrte wieder auf das Niveau vor dem Wahlkampf zurück. Idealer wäre eine weniger wahlkampfzentrierte Kommunikation.[2] Der Post mit den meisten Kommentaren und Likes ist eine Danksagung Nosers für alle Wählerstimmen am 22.11.2015. Deshalb erstaunt es nicht, dass die User im Dezember einen Peak verursachen, der auf ebendiese Gratulationsbekundungen zur Vereidigung als Ständerat zurückzuführen ist.
VORTEIL DIALOG
Der Aspekt des Dialoges scheint, zumindest auf Facebook, ganz passabel zu funktionieren: Noser bietet den Usern eine Diskussionsplattform. Er selbst beteiligt sich jedoch nur selten an der Diskussion. Zum Vergleich: Auch Bei Twitter lässt er sich kaum auf persönliche öffentliche Nachrichten ein. Nur ca. 3% aller Tweets wurden mit Empfänger versendet.
Social-Media in der Schweizer Politik wird als Mittel für die zielgerichtete Kommunikation verstanden.[3] Die Möglichkeit der Interaktion wird grösstenteils missachtet. Ruedi Noser bildet hier keine Ausnahme.
KONTROLLE ÜBER DIE KOMMENTARSPALTEN
Bei jedem fünften Post durchschnittlich kommentiert Noser selbst in seinen Kommentarspalten. Genauer: Meist schaltete sich Noser gar nicht in die Diskussion ein (in 6 von 13 Monaten). Dass oftmals trotzdem schriftliche Dialoge unter den User entstanden sind, kann man als erfreulich ansehen. Noser und sein Team überlassen die Kommentarspalten indes ungeschönt der Internetöffentlichkeit. Dies obwohl die Tonalität nach dem ersten Wahlgang rauer geworden sei, so Noser.
Seine Inhalte verselbstständigen sich jedoch nicht. Die Inhalte, die Noser bereitstellt, sind grösstenteils sehr sachlich und bieten wenig Angriffsfläche, oder je nach Blickwinkel- wenig Potential zur Weiterverbreitung.
INHALTLICHE KATEGORISIERUNG
Die inhaltliche Kategorisierung bestätigt, dass bereits bei Twitter angetroffene Bild: Statements sind Ruedi Nosers favorisierten Inhalte. Facebook wird zudem durch ihn zusätzlich häufig für Informationen über Veranstaltungen, welche bereits stattgefunden haben, gebraucht. Vergleicht man dies mit seinen Twitterinhalten, stellt man fest, dass dort eher auf zukünftige Events hingewiesen wurde. Da Facebook in der Grösse der Beiträge kein inhaltliches Limit kennt, nutzt Ruedi Noser dieses Medium für ausführlichere Posts, welche zum Beispiel ein Wrap-up über den Anlass vom letzten Abend zulassen. Die Danksagungen werden den Mobilisierungsbemühungen zugeordnet. So geschehen zum Beispiel am 6. November 2015: Ruedi Noser dankt in einem Post dem Nationalrat und Präsidenten der GLP für seine Stimme im Kampf um den zweiten Ständeratssitz.

AKTIVE FACEBOOKNUTZUNG
Ruedi Noser nutzt Facebook aktiv. Die Beiträge werden von ihm oder seinem Team getextet und versendet. Der Anteil der Beiträge, die er nur teilt, ist gering. Somit gelingt es ihm, auch ausserhalb der Wahlkampfzeit- einen lebendigen Account zu bewirtschaften.
Einen Vergleich zwischen Facebook und Twitter, sowie eine abschliessende Einschätzung liefert der finale vierte Teil der Serie zu Ruedi Noser.
Nicole Bosshard
Teil 2 der Serie behandelt Ruedi Noser und Twitter. Hier gibt es das zu lesen.
Nicole Bosshard studiert an der Universität Zürich (MA) mit dem Hauptfach Politikwissenschaft und dem Nebenfach Publizistik und Kommunikationswissenschaften.
Daten
Die Ergebnisse resultieren aus zweierlei Quellen. Zum einen aus der Betrachtung von Ruedi Nosers Inhalte auf seinen Social- Media-Kanälen: Twitter, Facebook, Instagram und Youtube. Die Daten wurden erhoben und zu einem verwertbaren Datensatz zusammengefügt. Zum anderen wurde Ruedi Noser schriftlich interviewt. Der Untersuchungszeitraum für die inhaltliche Auswertung erstreckt sich vom 1.1.2015-31.01.2016.
Die Kategorisierung der Inhalte von Facebook und Twitter wurde bereits durchgeführten Studien nachempfunden und deren Codierungssystem teilweise adaptiert. [4][5][6]
[1] Foto: Christopher|Flickr
[2] Balsiger, Mark (2014): Wahlkampf statt Blindflug. Bern: Stämpfli Verlag
[3] Weitere Information finden Sie bei Ulrike Klinger.
[4] Mehr Information dazu finden Sie in diesem Artikel.
[5] Mehr zu Obamas Umgang mit Facebook können Sie in diesem Paper nachlesen.
[6] Solop, Frederic I. (2010): „RT @ BarackObama we just made history“: Twitter and the 2008 Presidential Election. In: Hendricks, John Allen and Denton, Jr., Robert E. (Hrsg.): Communicator- in- Chief. How Barack Obama Used New Media Technology to Win the White House. Plymouth: Lexington Books, 37-49.